Das Gänseblümchen – Prinzip
Auf dem Spaziergang sind sie mir sofort aufgefallen, die «Wasebürschteli» am Wegrand, die noch etwas zerknittert wirkten, aber tapfer ihr Köpfe Richtung Himmel streckten. Sie weckten ein Gefühl von Frühling.

Die Gänseblümchen sind die ersten, die im Februar ihre zarten Blüten öffnen und sie sind die letzten, die sich im November in den Boden zurückziehen. Kaum ein anderes Blümchen ist so zäh und ausdauernd, wie dieses Blümchen, das für uns so gewöhnlich ist, dass es gar nicht weiter auffällt. Es wächst überall, auf den Wiesen, am Wegrand, in den Gärten, am Grünstreifen zwischen Strasse und Veloweg, auf dem Land und in den Städten.

Ein paar Sonnenstrahlen reichen, um das Gänseblümchen zum Strahlen zu bringen. Es hat die Gabe, sich immer nach der Sonne auszurichten. Am Abend oder bei garstigem Wetter schützt es sich selbst, indem es sein Köpfchen schliesst.

Die gelben Blüten mit den weissen Blütenblättern erscheinen als eine einzige Blüte. Aber – so habe ich nachgelesen[1] – jeder gelbe Blütenstand besteht aus über hundert Einzelblüten, die darauf warten bestäubt zu werden. Rundherum sind zwei Reihen weibliche Zungenblüten angeordnet und zu jeder von ihnen gehört ein weisses Blütenblatt. Speziell, nicht? Was sich über so ein unscheinbares Blümchen sagen lässt.
Wer einen englischen Rasen pflegt, wird die Gänseblümchen nicht besonders mögen. Schade eigentlich. Ist eine wilde, farbige Blumenwiese nicht viel schöner anzuschauen?

Gänseblümchen bleiben zwar nicht lange frisch, wenn man sie pflückt und in eine Vase stellt. Doch Kinder lieben es, daraus kleine Sträusschen zu binden oder einen Blütenkranz zu flechten.

Wir haben viel traditionelles Wissen über unsere einheimischen Pflanzen verloren. Auch über das Gänseblümchen wusste ich wenig. Dabei ist es sowohl als Nutzpflanze, wie als Heilpflanze bekannt. Es ist essbar und eine wunderschöne Zierde in jedem Salat und auf einem einfachen Butterbrot. Als Heilpflanze kannte man das Gänseblümchen schon im 1. Jahrhundert n. Chr. Es enthält ätherische Öle, Bitter-, Schleim- und Gerbstoffe. Als Tee kann es zum Anregen des Stoffwechsels und zum Blutreinigen angewendet werden. Frische Pflanzenteilchen wirken zerrieben gegen Juckreiz und Schwellungen nach einem Insektenstich.

Vielleicht ist das Gänseblümchen genau die richtige Botschafterin für unsere Zeit. Wie wäre es mit mehr Gänseblümchen – Prinzip in unserem Leben? Bescheiden, zäh und mit langem Atem wächst es in unseren Breitengraden. Es scheint zwar nichts besonderes und plustert sich nicht auf, trotzdem fällt es auf, einfach weil es schon da ist und immer noch blüht, wenn die Natur allen anderen Blumen zu unwirtlich ist. Es schützt sich vor der Kälte und den Stürmen, die ihm schaden könnten und wendet seinen Kopf der Sonne zu. Es zaubert einen besonderen Akzent in jeden Salat und ist nicht nur geniessbar und fein, sondern wirkt sogar heilsam.


[1] https://www.mein-schoener-garten.de/pflanzen/tausendschoen-massliebchen/gaensebluemchen-tausendschoen