Lebenskontostand
492’075
 
Das ist mein Kontostand. Nicht auf dem Bankkonto, sondern auf meinem Lebenskonto. Diesen Monat habe ich Geburtstag, wieder ein Jahr älter. Die Lebensuhr tickt. Stand heute, 10. März 2023, habe ich 20'504 Tage gelebt. Abzüglich der 7 Stunden, die der Tag schon alt war, als ich geboren wurde und der 14 Stunden, die der heutige Tag noch dauern wird, sind es also ziemlich genau 492'075 Stunden.

Was habe ich in all diesen Stunden gemacht? Und was ist mir davon in Erinnerung geblieben? Was war toll? Schmerzlich? Glückvoll? Herausfordernd? Lehrreich? Vergnüglich? Interessant – abgesehen von den wirklich einschneidenden Ereignissen und tiefbewegenden Momenten bleiben mir auch ganz unbedeutende, kleine Augenblicke, die ein besonderes Gefühl auslösten. Ich erinnere mich zum Beispiel, dass ich auf einer Autofahrt mit meiner Mutter in Richtung Küssnacht, genau bei einem Stall (den ich heute noch zeigen könnte) im Radio eine Sendung hörte, in welcher der Moderator Menschen suchte, die ihr Hochzeitskleid in einem Inserat zum Verkauf ausgeschrieben und dafür einen Kinderwagen gesucht haben. Ich fand das damals so spannend, dass ich es nie mehr vergessen habe.

Die Erinnerungen sind etwas sehr besonderes. Mit ihnen spielt die Vergangenheit in unsere Gegenwart hinein. Wir knüpfen an alten Erfahrungen an, wenn wir neue einordnen und bewerten. Das Zurückblicken und Erzählen von einem glücklichen Moment löst heute genau die gleichen Glücksgefühle aus, wie damals.
Und natürlich können wir uns über Geschehenes viel später noch genauso aufregen, genauso zornig oder verletzt reagieren, wie damals, als wir mitten in der Situation standen. Manchmal aber, hat sich der Blick auf das vergangene Schwierige auch verändert. Wir sind milder geworden, erkennen unseren eigenen Anteil an einem Missgeschick oder einem ungelösten Konflikt besser. Und es gibt Menschen, die so sehr zu sich selbst gefunden haben, dass sie selbst Unverzeihliches verzeihen können. Das berührt mich immer wieder sehr. Solche Begegnungen bleiben auch unvergesslich. Darüber reden und darüber schreiben hilft.

Meine 492'075 Stunden sind schon viel mehr als andere zur Verfügung hatten, die mir begegnet sind und an die ich jetzt denke. Und es können nochmal einige tausend dazu kommen. Ich will möglichst viele davon bewusst erleben und ein paar Erinnerungen daran behalten. Und dankbar sein will ich, für das gefüllte Lebenskonto und alles, was noch darauf eingeschrieben wird.

Und du? Wie viele berührende, erschütternde, aufrüttelnde, beglückende und stille Momente sind in deiner Erinnerung gespeichert? Wie ist dein Kontostand? Was erträumst du noch? Und was davon könntest du jetzt schon einfädeln? Wenn du Lust hast, schreib mir doch. Das hätte einen doppelten Wert. Erstens: Ich würde mich freuen. Und zweitens: Es könnte etwas Ergreifendes in deinem Erinnern geschehen, dass du nicht mehr vergessen wirst.