Die Arbeitsphasen
Jede Sequenz der Poesie- und Bibliotherapie führt durch vier
Phasen.
Wir beginnen jeweils mit der Einstimmungsphase, mit dem
Ankommen bei sich, in der Gruppe und beim Thema. Die zweite Phase ist die
Aktionsphase. Wir arbeiten mit Texten, hören, sehen, schreiben. In der dritten
Phase geht es darum, sich zu zeigen, mit der Gruppe in einen Austausch zu
kommen, wahrgenommen zu werden und Solidarität zu spüren. Die vierte Phase
bildet den Abschluss und ermöglicht Reflexion und Neuorientierung um neue An-
und Einsichten bewusst festzuhalten. Es geht um die Frage: Was habe ich
erkannt? Und was mache ich damit?
(Quelle: Anja Nevanlinna,
Integrative Poesie-und Bibliotherapie 2012)
Zu jedem Thema suchen wir einen intermedialen Zugang, das
heisst, wir arbeiten mit verschiedenen Medien: Wahrnehmung, Musik, Malen,
Bewegen, Begreifen, etc.
Die Wurzeln
Die Poesie und Bibliotherapie nutzt die Heilkraft der Sprache. Schon vor tausend
Jahren kannten die Menschen diese heilende Kraft und verbanden die
therapeutischen Massnahmen zur Heilung von Krankheiten und Verletzungen mit
Segensformeln, Zauber- und Bannsprüchen oder verfassten Trostschriften, -briefe
und –gedichte, um Menschen über seelisches Leiden hinwegzuhelfen.
Seit 30 Jahren lehren Ilse Orth und Hilarion Petzold die
Methode an der Europäischen Akademie EAG. Sie verbanden die Ansätze aus Amerika
und Frankreich mit dem Rückgriff auf bereits bestehende deutsche Traditionen
und entwickelten daraus einen eigenen Ansatz weiter: Der „Integrativen Poesie-
und Bibliotherapie“.
Poesietherapie dient einer vertieften Selbsterfahrung und
der Entwicklung und Entfaltung der Potentiale der eigenen Persönlichkeit. Sie
hat zum Ziel, die Bewältigung von Lebenskrisen zu begleiten, die Gesundheit,
Kreativität und Lebensfreude zu fördern, für Mitmenschlichkeit zu
sensiblisieren und das Bewusstsein für das Sein in der Welt als Teil der Natur
zu stärken.
Die Heilkraft und das Entwicklungspotenzial der Sprache und
des Schreibens im Rahmen der Poesie-, Biblio-/ Lesetherapie können in
verschiedenen Arbeitsfeldern und Berufen, in Psychotherapie, in Rehabilitation,
in der Seelsorge, in der Pflege, in der Arbeit mit alten und behinderten
Menschen, in der Begleitung Sterbender und Schwerkranker eingesetzt werden,
aber auch in Jugendarbeit, Pädagogik, Erwachsenenbildung, psychosozialer
Beratung und Lebenshilfe.
Die Theorie
Die Poesie- und Bibliotherapie ist eine Methode der
kreativen Arbeit und zugleich eine Technik in der intergrativen
Gestalttherapie. Als eigenständige kreative Methode eröffnet sie einen
wunderbaren Weg zur Persönlichkeitsbildung durch das Fördern von Kreativität,
Gesundheit und Lebenskompetenz (vgl. Petzold, Orth Poesie und Bibliotherapie,
S. 21)
Die Poesie und Bibliotherapie begreift den Menschen als wahrnehmendes, erinnerndes, reflektierendes und handelndes Wesen. Durch die Arbeit mit Poesie werden
Prozesse in Gang gesetzt, welche das seelische Gleichgewicht und das
persönliche Wachstum fördern und unterstützen.
Quelle: Curriculum Poesie und Bibliotherapie, Kreatives Schreiben und Biographiearbeit im Integrativen Verfahren Europäische Akademie für biopsychosoziale Gesundheit & Kreativitätsförderung EAG Stand Juni 2017 Autoren: Dipl. Sup. Ilse Orth, MSc Psychotherapie, Univ.-Prof. Dr.mult. Hilarion G.Petzold © EAG FPI